Zukunft!?

Selstsame Gedanken
Traurige Träume.

Eines Tages, ich wollte mit dem Bus zu einem schönen Ziel fahren, da fuhr er plötzlich in eine falsche Richtung. Erst war ich ganz verwundert, dann kam mir alles merkwürdig vor. Als der Bus aber immer weiter falsch fuhr, war ich ganz verzweifelt, deshalb entschloss ich mich kurzer Hand an der nächsten Haltestelle auszusteigen um wieder auf den "Richtigen Weg" zu gelangen. Doch alles sah von diesem Augenblick anders aus. Eben war noch alles himmelblau und farbig gewesen, und plötzlich schien die ganze Welt grau, farblos und lieblos zu sein. Es war als ob ich in einer anderen Welt angekommen wäre. Viele Menschen liefen an mir vorbei. Alle grau in grau, selbst ihre Gesichter waren mit grauem Ruß beschmiert. Sie waren sehr ärmlich angezogen und auch das Grau des Straßenstaubes bedeckte die Farbe ihrer schon sehr von der Zeit gezeichneten Kleidung. Mehrmals versuchte ich, mich ihnen verständlich zu machen, ob mir jemand helfen könne den "Richtigen Weg", nach Hause, zu finden. Aber niemand verstand mich hier nun mehr. Warum nur, was war geschehen? Ich verstand niemanden, mich verstand niemand, alle schienen eine andere, entgegengesetzte Sprache zu sprechen. Wenn man sich nicht mehr verstanden fühlt, fängt man an sich leer und hilflos zu fühlen. Ein unbeschreibbarer, tiefer Schmerz, machte sich in mir breit und meine Gefühle fingen an im Niemandsland umher zu schwanken.

Mir kamen zwei fremde Männer entgegen, sie sprachen mich an. In mir einer völlig unbekannten Sprache. Es müssen vom Verhalten her Wachmänner gewesen sein. Ihre Augen waren kalt und leer, scheinbar ohne Gefühle, sahen sie mich an. Ich verspürte eine unbekannte Angst in mir aufkommen, und ich fühlte mich noch hilfloser, da sie mich nicht verstanden. Ich konnte mich ihnen einfach nicht verständlich machen, egal was ich auch machte. Auch mein Englisch brachte mich nicht weiter. Sie sahen erst sich und dann mich nur verständnislos an. Ich zeigte ihnen meinen Ausweis, doch mit dem konnten sie erst recht nichts richtiges anfangen. Nun zogen sie mich an den Armen. Ich wußte nicht was sie vorhatten, und ich wußte nicht wohin sie mich bringen würden. Sie brachten mich wieder zu der Stelle, an der ich ausgestiegen war zurück und verfrachteten mich dort in den nächst kommenden Bus. Als ich nun eingestiegen war, brach das grau in grau keineswegs ab. Es ging weiter, es schien mich zu verfolgen, wohin ich auch ging. Ich setzte mich auf eine graue Bank, in einem grauen Businneren, in einer grauen Umgebung. Es stiegen viele Menschen ein, alle grau in grau, mit traurigen und doch leeren Blicken.

Bei der einsteigenden Menschenmasse war auch ein junger Mann dabei, der sich neben mich setzte. Zuvor hatte ich ihn gar nicht bemerkt, erst jetzt als er sich neben mich gesetzt hatte. Er war auch grau in grau, von Kopf bis Fuß. Er aß für mich etwas undefinierbares und hielt mir jetzt auch ein Stück davon lächelnd entgegen. Seine Augen waren nicht so leer, wie die der anderen Menschen. Sondern sie waren mit Wärme und Gefühl erfüllt. Sie glänzten und funkelten, als er mich anlächelte. Ich schüttelte nur den Kopf, denn es verstand mich ja doch keiner. Warum sollte er mich also verstehen können? Er schaute mich die ganze Zeit an. Er mußte ungefähr in meinem Alter sein und er war sehr freundlich, ganz anders als die Anderen. Plötzlich fragte er mich: "Was machen sie hier? Sie sind doch eigentlich nicht von hier, stimmt das?" Seine Worte trafen mich wie der Blitz. Er sprach meine Sprache. Ich war sehr froh und irgendwie erleichtert. So erleichtert, als ob eine schwere Last von mir abgefallen wäre. Als ob ich einen schweren Stein, von mir weggeworfen hätte. Ich war so froh und durcheinander das ich nur: "Ja", sagte. Dann fing ich an ihm alles zu erzählen. Wie ein Wasserfall sprudelten die Worte nur so aus mir heraus: "Ich wollte zu einem schönen Ort, zu meiner Familie fahren, auf einmal fuhr der Bus einen falschen Weg und ich bin ausgestiegen. So bin ich hier gelandet. Ich möchte so gerne zu meiner Familie zurück, zu meinen Kindern. Schauen sie, das sind meine Kinder." Ich zeigte ihm ein Bild, das ich in meinem Portmonaie immer bei mir trug. Er schaute mich ganz erstaunt und verwundert an, als ob er mich nun kennen würde, oder meine Kinder? Ich fuhr fort: "Ich möchte hier wieder fort, ich gehöre hier nicht hin, hier wo mich keiner braucht und mich keiner versteht. Außer Sie, Sie sprechen meine Sprache." Da antwortete er: "Ja, es ist wichtig das die Menschen die gleiche Sprache sprechen, auch wenn es Verschiedene sind. Um sich zu verstehen, müssen sie es nur von ganzem Herzen wollen."

Er schaute mich nun ganz liebevoll an. Ich zeigte ihm meinen Ausweis und fragte: "Warum kann hier keiner etwas damit anfangen? Ausweise sind in verschiedenen Sprachen geschrieben und nicht jeder kann sie lesen. Er zeigte mir auch seinen Ausweis, er war wie meiner. Dann las ich seinen Namen. Ich schaute ihn entsetzt an, er war... Ich konnte es einfach nicht fassen, es konnte doch nicht möglich sein. Doch es waren wirklich genau die gleichen liebevollen Augen, die ich kannte. "Wie jung du doch bist Mama, ich habe ganz vergessen, wie du früher ausgesehen hast", entgegnete mir nun mein nettes Gegenüber. Es war Marcel, mein ältester Sohn, der bevor ich hier angekommen war noch 8 Jahre alt war und zur Schule ging. Ich war fassungslos. Ich saß neben meinem erwachsenen Sohn, der ungefähr genauso alt war, wie ich selbst. In diesem Augenblick.

Meine Gefühle waren glücklich und traurig zu gleich. Glücklich das ich hier meinen Sohn fand, und traurig, das die Welt in der er in der Zukunft leben mußte so trostlos und leer war. Hier schienen alle Menschen ihre Gefühle und Wärme für einander verloren zu haben. Außer er, mein Sohn, war noch genauso liebevoll wie ich ihn immer schon kannte. Der Bus hielt wieder an, es stiegen wieder viele merkwürdige Gestalten ein. Anscheinend waren es wieder Wächter. Mein Gegenüber, mein Sohn, schmierte mir nun auch Ruß aufs Gesicht und auf meine Kleidung. Mir war klar, das er mir den Ruß zu meinem Schutz auftrug, damit ich den anderen nicht zu sehr ins Auge fiel, denn auffallen konnte man an diesem grauen Ort wirklich sehr leicht. Ich spürte eine tiefe Verbundenheit und Vertrauen in mir, zu ihm, zu meinem Sohn. "Wie komm ich wieder zurück, in meine Zeit?" fragte ich ihn, denn es war offensichtlich, das ich durch irgendetwas in die Zukunft gelangt war. Und nun war ich auf die Hilfe meines Sohnes angewiesen, dem ich bisher immer nur geholfen hatte. Er deutete mir, auszusteigen. Also stieg ich mit ihm zusammen aus.

Ich weiß, wer dir helfen kann, sie hilft hier vielen," und lächelte mich mit diesen Worten an. Nachdem wir eine Weile in einem Meer von grauer Landschaft gegangen waren, das gar nicht mehr aufzuhören schien, sah ich von weitem eine Frau. Sie rief viele Kinder zu sich: "Kommt her! Wer mag etwas zu essen haben?" Viele Kinder die irgendwo versteckt gekauert haben, kamen aus ihren Verstecken heraus und ihr freudig entgegen. Als wir ihr immer näher kamen, war es mir so, als ob ich sie kenne, ich sie schon einmal gesehen hätte. "Mutter du mußt ihr helfen, sie muß wieder zurück zu ihrer Familie kommen", sagte mein großer Sohn nun zu ihr. Ich stand der älteren Frau gegenüber und sah nun genau in ihr Gesicht und sie in meines. Ich erkannte mich in ihr wieder, war es selbst, nur viel älter, und auch sie wußte, das ihr die Vergangenheit gegenüber stand.

Sie sagte mit einem lächeln: "Natürlich werde ich auch ihr helfen, denn ich will ja, das es meiner Familie gut geht." "Aber", sagte sie weiter: "du mußt mir versprechen, das du versuchst die Welt zu verbessern. Man kann den Menschen in der Zukunft viel Leid ersparen, wenn sie nur versuchen ein gutes, vernünftiges Leben zu führen und Ungerechitgkeiten zu verhindern. Versuche ihnen mit deinen Worten klar zu machen, das jeder seine Zukunft in den Händen hält und versuchen muß, das Beste für sie zu machen." "Ich werde es so gut es nur geht versuchen, und ich hoffe, ich werde damit Erfolg haben", antwortete ich ihr. Wir schauten uns lange an, dann sagte sie: "Gut, du mußt nun gehen. Willst du dich noch von Marcel verabschieden?" Ich nickte stumm und nahm meinen Jungen, der so groß war, in die Arme, um ihn zu küssen. Dann fiel ich in eine Art von Ohnmacht. Als ich aus ihr erwachte, war ich im Bus, wie zu Anfang. Und Marcel mein kleiner Sohn hielt sorgenvoll meine Hand. "Mama, geht es dir wieder gut?", fragte er. Ich lächelte nur und entgegnete ihm: "Ja, jetzt geht es mir wieder gut."
Ich wußte das ich nie vergessen würde, was ich in meiner Zukunft erlebt habe, sondern versuchen werde, sie für uns alle auf meine Art und Weise zu verbessern, denn wenn das jeder versteht und danach handelt, dann kann auch die Welt auf eine bessere Zukunft hoffen, und wir mit ihr.



© Monika Hubl-Moussa 2002


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